Ich bin 31 Jahre alt, ich denke es ist an der Zeit erwachsen zu werden.

Mein ganzes Leben hatte ich eine große Abneigung gegenüber dem Erwachsen werden. Für mich hatte es immer auch gleich die Bedeutung, den Spaß am Leben zu verlieren, mehr Verpflichtungen zu haben und als Ausrede dann zu sagen: "So ist das Leben als Erwachsener nun mal".

Was eine beschissene Aussage.
Was eine beschissene Sichtweise.

Logisch, wollte ich so viel mehr sein wie Peter Pan, denn er ist noch jung & frei in seinen Entscheidungen. Er hat noch Spaß im Leben, für ihn gibt es noch Wunder in der Welt. Nicht alles ist trist und grau, sondern das Leben ist bunt & schön.

Aber mit 31 Jahren sich immer nur zu verhalten wie ein Kind, ist auch etwas seltsam. All die Jahre war Spaß mein größter Antrieb, wenn es keinen Spaß macht - mache ich es einfach nicht.
Was für einen Sinn hat es, etwas zu tun - was man nicht will?
Was für einen Sinn hat es, etwas zu tun - was keinen Spaß macht?

Im letzten Jahr habe ich verstanden, dass es allerdings meine Sichtweise auf das Erwachsen ist, die mir auch im Wege steht.

Bei einem Spaziergang im Kurzurlaub erzähle ich einer Freundin davon, wie meine Unlust zum Erwachsen werden aussieht, wie mein primärer Antrieb immer Spaß war.
Das Gespräch verläuft in etwa wie eine Autobahn, bei der wir ziemlich viele Abfahrten zusätzlich nehmen und das Thema immer wieder verlassen. Aber letztlich fährt man dann doch wieder zurück auf die Autobahn.

Irgendwann begreife ich von mir, dass ich bei Gesprächen über Themen, die mir im Alltag nicht so häufig begegnet sind - immer mit Humor reagiere. Beispielsweise ging es auch um Tarot Karten, die ich bis dahin nur aus dem Fernsehen kannte.
Ich entgegne dem dann häufig mit Humor, etwas Ironie und nehme das Thema etwas hoch, will aber trotzdem meine Neugier stillen und mehr darüber herausfinden.

Ich habe Angst davor zuzugeben, dass ich mich auch für solche Themen interessiere. Schließlich bin ich doch ein vernünftiger, intelligenter Mensch - das würde nicht so gut passen, zu dem was ich von mir denke & was die anderen von mir denken.

Oder bin ich vielleicht ein vernünftiger, intelligenter Mensch - weil ich mich für Themen interessiere, die ich nicht gut kenne?

Genau diese Erkenntnisse teile ich mit ihr.
Von ihrer Antwort war ich mega überrascht, sie war in etwa so:

"Komisch, ganz schön erwachsen von dir."
(Ich)"Hä? Was ist daran erwachsen?"
"Erwachsen werden bedeutet nicht zu sein wie alle anderen, sondern zu erkennen - warum man so reagiert, was einen antreibt, was einen aufhält."
... (Stille)
(Ich) "Wow, die Definition von Erwachsen sein oder werden gefällt mir und kommt mir erstrebenswert vor."
(Ich) "Das ist das erste Mal, dass ich sagen kann - ich möchte erwachsen werden."

Kommt Erwachsen eigentlich von Erwachen?

Bin ich nun endlich erwachsen?

Heute ist das Gespräch etwas länger als 6 Monate her, erwachsen bin ich noch immer nicht.
Aber dafür habe ich noch mein Leben lang Zeit & die kann ich auch gut gebrauchen.
Die letzten Tage waren derbe anstrengend. Zu Beginn hatte ich keinen Überblick, über alles was noch ansteht - hatte auch irgendwie Angst davor, das alles aufzuschreiben. Ich wollte noch etwas mehr die ruhige Zeit genießen, bevor es stressig wird. Ich wusste es bereits, die nächsten Wochen werden anstrengend. Mein Umzug in ein anderes Land steht kurz bevor, dadurch ergeben sich gefühlt hunderte kleine Todos und mindestens genauso viele Unsicherheiten.

Die letzten 3-4 Tage habe ich sehr viel gegeben und während mich 60-120 Minuten Yoga viel meiner physikalischen Energie gekostet haben, so hat mich das Treffen mit meinen Freunden auch viel emotionale Energie gekostet - denn, es ist erstmal das letzte Treffen zwischen uns, während ich noch in der "Nähe" wohne, lebe und arbeite.
Der Abschied ist nicht leicht, das ist auch gut so - denn ich mag, wie mein Leben bisher war (oder noch ist), aber es ist Zeit für ein neues Abenteuer.
Ein neues Abenteuer, bei dem ich mich neu erfinden kann, mehr über mich lernen kann. Noch authentischer sein kann.

Heute ist ein Tag, an dem es mir schwer fällt - die Energie ist leer. Insbesondere meine soziale Energie bringt mich zum Rückzug zu mir selbst, ich brauche nach diesen anstrengenden Tagen etwas Zeit "alleine" zu sein.

Zufällig finde ich ein passendes Video über die Soziale Batterie, den Link findet ihr im letzten Abschnitt.

Meine Woche hat mit Gesangsunterricht gestartet - auf dem Weg läuft ein Lied aus meiner heruntergeladen Musik von Emma6.

Wenn ich nicht ab und zu aus dem Fenster seh'
Wenn ich nicht ab und zu Regentropfen zähl'
Wenn ich nicht ab und zu neue Fragen stell'
Dann fehlt
Dass ich ab und zu auch mal langsam lauf'
Dass ich leise Tage für die Lauten brauch'

Emma6 - Ab und zu

Im Leben begegnen mir immer mal wieder Lieder, die so gut zu meiner Situation passen. Nach ca 15km Spaziergang und einem kleinen Marathon an Mini Todos, ist es wohl an der Zeit, dass ich heut mal langsam lauf.

Pausen sind schwer. Vielleicht sogar schwerer als Gas zu geben.
Wir werden so oft für Leistung gelobt, dabei ist es manchmal viel schwerer auf sich selbst, seinen Körper zu hören & einzusehen, dass man etwas Ruhe braucht.

Aber auch das gehört dazu authentisch zu sein.
Aber auch das gehört dazu erwachsen zu sein.

Nicht auf das zu hören, was andere für richtig halten.
Nicht auf das zu hören, was andere loben

"The privilege of of a lifetime is to become who you really are"
- Carl Jung

Hier noch 3 inspirierende Videos zu den Themen soziale Batterie, Alleine sein & authentisch man selbst zu sein:

Ich wünsche dir frohe Ostern! 🐰